Brehme. Weihnachten 1945. Die 16-jährige Emilie Hoffmann lebt am Fuße des Harzes in der Sowjetischen Besatzungszone. Im Gasthof ihrer Familie haben sich Rotarmisten einquartiert. Emiles Vater haben die Russen abgeholt. Niemand weiß, wo er ist. Das Mädchen hat Angst: „Heiligabend fingen wir an, Weihnachtslieder zu singen. Mir kamen die Tränen, weil ich an den Vater gedacht habe. Die Russen, diese kahl geschorenen Köpfe, guckten plötzlich durch die Tür. Meine Mutter ging hin und holte sie rein und verteilte Plätzchen.“ Emilie ist entsetzt. Ein junger russischer Soldat kommt zu ihr, zeigt ein Medaillon und sagt: „Das ist meine Mamutschka. Du hast eine Mama, die ist charascho.“ Emilie Hoffmann hat das bis heute nicht vergessen. „Ich hab’ ihn angeguckt, hab’ gedacht: „Kannst eigentlich gar nicht viel älter sein als ich.’ Dann habe ich auch meine Mutter verstehen können, die hat auch daran gedacht, dass eine Mutter irgendwo in Russland auf ihren Sohn wartet.“ (Text: einsfestival)
Berlin 1951. Die Stadt liegt noch in Trümmern. In Ost-Berlin feiert die Jugend. Irene Geismeier fährt mit dem Zug in die Stadt. Sie ist begeistertes FDJ-Mitglied, beseelt von dem Glauben, nach den Schrecken des Krieges ein neues, friedliches Deutschland aufzubauen. Sie hat das Agitieren geübt, will in den kommenden Tagen Jugendliche im Westen Berlins von den Segnungen des Sozialismus überzeugen. Doch dort trifft sie eine ältere Dame, die ihr, dem Mädchen aus der „Zone“, ein Stück Schokolade gibt. Als das kostbare Geschenk vom „Klassenfeind“ zu schmelzen droht, beißt sie hinein. „Die politische Botschaft wurde gegen Schokolade eingewechselt“, erinnert sich Irene Geismeier noch heute an dieses Schlüsselerlebnis ihrer Jugend. (Text: einsfestival)
Sie werden diesen Tag nie vergessen, die Zwillinge Oelschläger in Halle. „Mein Bruder und ich waren die Ersten in unserer Familie, die Jugendweihe gemacht haben. Wir waren sehr stolz“. Als schwarze Staatskarossen vorfahren, staunen die Jungs nicht schlecht. Erich Honecker steigt aus, er ist Ehrengast der Veranstaltung. Später kommt Honecker sogar zu den Oelschlägers nach Hause, trinkt selbst gekelterten Wein, bleibt ein paar Stunden. Eine Begegnung der besonderen Art. (Text: WDR)
Frau Gaedicke und ihr DDR-Feriendomizil an der Ostsee: Die Tür öffnet sich, gibt den Blick frei auf ein opulentes Büffet – Bananen, Orangen, Lachs und Kaviar. Und das in einem Land, in dem schon weniger exklusive Lebensmittel unter dem Ladentisch als „Bückware“ gehandelt werden. Sie hat das große Los gezogen: einen Ferienplatz an der Ostsee für zwei Wochen. Der Preis: 300 Mark alles eingeschlossen. Und das nicht in einem bescheidenen FDGB-Heim, sondern im Hotel „Neptun“, dem gerade eröffneten DDR-Nobel-Hotel in Warnemünde. Luxus für Devisen, so lautet hier eigentlich die Devise. Aber Erich Honecker setzt seit seinem Machtantritt 1971 und dem 8. Parteitag auf Wohltaten fürs Volk. Die besten Werktätigen sollen sich in den besten Hotels erholen! Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik, so heißt das im Jargon der SED- Oberen. (Text: WDR)
Der 1. Mai, irgendwann Anfang der 80er. Kampftag der Werktätigen. Im ganzen Land mobilisiert die SED die Menschen, überall Umzüge, Fahnen, Reden. Inge Hoerenz ist die Frau des Leuchtturmwächters auf Hiddensee. Und sie soll erstmals die offizielle Rede bei der Maikundgebung halten. Sie ist aufgeregt, zerbricht sich lange den Kopf, arbeitet am Manuskript. Dann aber kommt die Vorlage von der zuständigen SED-Kreisleitung: Selbst in den entlegensten Winkel der DDR dringen die Argumente der Parteiführung von der planmäßigen Weiterentwicklung des Sozialismus. (Text: WDR)
Der Großteil der Bevölkerung spürt den allgemeinen Niedergang und schüttelt immer mehr den Kopf angesichts der wachsenden Kluft zwischen sozialistischer Erfolgsberichtserstattung in den SED-Medien einerseits und den real existierenden Arbeits-, Lebens- und Umweltbedingungen andererseits. „Und die Leute ham das alles so hingenommen. Warn keine Kämpfer.“ beschreibt Ingrid Schöneck die Situation in ihrem Betrieb, dem VEB Volltuch in Crimmitschau. Die Maschinen sind uralt. Das Material für die Produktion ist von schlechter Qualität. Überall Schmutz. In den 1970er-Jahren hatte der westdeutsche Versandriese Neckermann noch jede Woche Ware abgenommen. Jetzt, Ende der 1980er-Jahre, interessiert sich niemand mehr im Westen für die Stoffe, die nur noch in sozialistische Bruderländer exportiert werden. Wie lebensgefährlich die Zustände sind, erfährt Ingrid Schöneck am eigenen Leib, als ein Webschützen wie ein Projektil aus der Maschine schießt – geradewegs auf sie zu. (Text: mdr)
„Staat am Ende“ beschäftigt sich intensiv mit den Vorgängen innerhalb des DDR-Macht- und Repressionsapparates in den Monaten vor dem Mauerfall. Sommer 1989: Rund um Budapest und entlang der Grenze von Ungarn nach Österreich warten viele DDR-Bürger darauf, legal oder illegal in den Westen zu kommen. Noch bevor der Eiserne Vorhang fällt, fliehen viele über die Grüne Grenze. Hunderte Autos mit DDR-Kennzeichen stehen verlassen auf den Parkplätzen. Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit sollen die Trabbis, Ladas und Wartburgs auf Befehl von ganz oben in die DDR zurückbringen. Stasihauptmann Lothar Wötzel wird abkommandiert, um diese Autos in einem Außenlager der Hauptverwaltung Aufklärung HVA in Freienbrink zu inventarisieren. „Wir haben jeden Schraubenschlüssel, jede Mutter, jedes Ersatzteil aufgenommen.“ (Text: mdr)
November 1989. Die Familie Anders ist mit ihrem Trabant zum ersten Mal im Westen, um Onkel und Tante zu besuchen. Doch da passiert das Malheur: Mitten auf der westdeutschen Autobahn geht der Trabi kaputt. "Ein Mann hielt mit seinem Auto an und erklärte mir erst einmal, wie die Notrufsäule funktioniert", erinnert sich Dietrich Anders. Das Auto wird in eine Werkstatt geschleppt. Die Monteure lassen alles stehen und liegen, um den Zweitakter unter die Lupe zu nehmen. Den Plastikbomber reparieren sie kostenlos. Kaffee gibt es gratis dazu. Die Freundlichkeit im deutschen Westen beeindruckt die Anders. Der Besuch bei Onkel und Tante jedoch gerät zu einem Desaster. Die Westverwandtschaft hatte der Familie noch zu DDR-Zeiten ein Grundstück an der Ostsee geschenkt. Das wollen sie jetzt wieder haben. Herr Anders ist entrüstet: "Ich habe seit dieser Zeit die Tante und den Onkel nicht mehr."
Frühjahr 1990. Der Schwarzgeldhandel blüht, vor allem in Berlin. Siegfried Wehrhoff ist Geldwechsler am Bahnhof Zoo. Einer von vielen, die das Geschäft mit den schwankenden Kursen zwischen harter D-Mark und weichem Aluchip illegal betreiben. „Im Endeffekt lag das Geld ja auf der Straße, man durfte nicht zu faul sein, um es aufzuheben.“ Er verdient gutes Geld. Doch als eines Tages ein Westberliner Zahnarzt mit einem Koffer voller Ostgeld auftaucht, ahnt er, dass er nur ein ganz kleiner Fisch beim großen Geschäft ist. (Text: mdr)
„Herr Hauptmann, ich begrüße Sie in der Bundesrepublik Deutschland.“ So wird Henrik Strehlow am 3. Oktober 1990 geweckt. Er ist der diensthabende Offizier des Pionierregimentes 3 der Nationalen Volksarmee. Am Tag der Wiedervereinigung hört diese Armee auf zu existieren. Zum ersten Mal zieht Strehlow die Uniform der Bundeswehr an. Gestern noch war er Major der NVA, heute nur noch Hauptmann der Armee des einstigen Klassenfeindes. Als er nach Hause kommt, hat seine vierjährige Tochter Tränen in den Augen. „Vati, ich versteh das nicht. Die DDR ist gestorben und alle Leute freuen sich. Wenn man stirbt, muss man doch weinen!“ „Komm, das erkläre ich dir später. Das hat schon seine Richtigkeit“, antwortet er. (Text: mdr)
"Volk unter Kontrolle" zeigt, wie ab Mitte der 70er Jahre die Bespitzelung in der DDR systematisch auf- und ausgebaut wird. Für die hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiter tritt die Richtlinie 1/76 in Kraft. Ab jetzt geht es um verdeckte und subtile Repressionsmethoden - mit dem Ziel "vorbeugend wirksam zu werden" und "erzieherisch einzuwirken". Jürgen Breski gehört zu den neuen Kadern in der Berliner Stasi-Bezirksverwaltung. Gut ausgebildet und hoch motiviert. In der Abteilung XX ist er als Führungsoffizier für zehn Inoffizielle Mitarbeiter zuständig. Mit ihnen soll Jürgen Breski die "negativ dekadente" Jugendszene kontrollieren und unterdrücken. Gemäß der Devise seines Vorgesetzten Erich Mielke: "Wir brauchen freiwillige Helfer und Kontaktleute in allen Bereichen, es darf keine Stelle geben, wo nicht wenigstens eines unserer Organe vertreten ist." 1989 gibt es 174.000 Inoffizielle Mitarbeiter in der DDR. Das heißt: Jeder hundertste Einwohner ist ein IM der Stasi. Die ständige Bespitzelung führt in der DDR bei vielen Menschen zu einem Leben mit zwei Gesichtern. Frei die Meinung zu äußern, das traut man sich nur im engsten Freundeskreis. Ansonsten wägen die Menschen ab, wem sie wann was sagen. Auch Telefongespräche und Briefverkehr werden in einer verschlüsselten Sprache geführt. Um die Postkontrolle zu beschleunigen, entwickelt die Stasi schon 1975 den Brieföffnungsautomaten 10/10. Mit ihm können mehrere hundert Briefe in der Stunde geöffnet werden. Täglich werden in der DDR etwa 90.000 Briefe kontrolliert. Sozialistischer Wettbewerb, Neurerbewegung und Normerfüllung prägen dabei den Arbeitsalltag des Stasi-Mitarbeiters Gerd Reinicke: "Wer da sozusagen bestimmte Normen, die man im Schnitt schaffen konnte, ständig nicht schaffte, der hatte schon schwere Kritik erstmal zu erwarten und das hatte dann auch Folgen auf Beförderung, Vergütungsstufen und ähnliches." Ende der 80er Jahre funktioniert nicht mehr viel in der DDR-Gesellschaft: außer
"Volk unter Kontrolle" zeigt, wie ab Mitte der 70er Jahre die Bespitzelung in der DDR systematisch auf- und ausgebaut wird. Für die hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiter tritt die Richtlinie 1/76 in Kraft. Ab jetzt geht es um verdeckte und subtile Repressionsmethoden - mit dem Ziel "vorbeugend wirksam zu werden" und "erzieherisch einzuwirken".