Die Nenzen-Nomaden ziehen während des ganzen Jahres über die russische Halbinsel Jamal. Im Herbst wandern sie rund 1.000 Kilometer Richtung Süden bis an den Ural, im Frühjahr wieder zurück in den Norden bis ans Polarmeer. Im Sommer bei Temperaturen von über 15 Grad Celsius und im Winter bei bis zu minus 55 Grad. Über 6.000 Nenzen leben auf Jamal nach alten Traditionen. Sie sind die letzten echten Nomaden auf der Erde, die diese Wirtschafts- und Lebensweise noch ganzjährig pflegen. Die Nenzin Ludmilla Chudy lebt dagegen nur noch im Sommer mit den Nomaden. Den Rest des Jahres arbeitet sie als Erzieherin in der einzigen größeren Siedlung auf Jamal, in Yar-Sale. Dort befinden sich das Internat und die Schule, wo die Kinder der Nenzen leben und unterrichtet werden. In den großen Ferien, bevor das Schuljahr beginnt, begleitet Ludmilla Chudy ihre Familie auf den beschwerlichen Wanderungen durch die Tundra. Sie treibt Rentiere zusammen, versorgt Kinder, kocht Essen und baut Zelte auf und wieder ab. Sie beobachtet auch, wie die Erschließung von Erdgasquellen das naturnahe Leben der Nomaden zusehends verändert. Auf Jamal entsteht Bowanenko, die bald größte Gasförderstätte der Welt. Mit dem Gas unter der Polarhalbinsel wird auch Westeuropa versorgt. Der wertvolle Rohstoff ist zugleich Hoffnung und Fluch für die Menschen, die hier leben: Das Gas bringt Fortschritt und Wohlstand, bedeutet aber auch das Ende der uralten Nomadenkultur der Nenzen. „360° – Geo Reportage“ bietet Einblick in die uralten traditionellen Lebensweisen in der Tundra und ist dabei, wenn der Hubschrauber die Nenzen-Kinder in die modernste und größte Internatsschule Russlands bringt – für die Jüngsten ein Kulturschock. (Text: arte)