Albaniens Adria bezaubert: Aus den Bergen im Norden strömen Flüsse ins Meer, die an der Küste riesige Lagunen bilden. In dieser naturbelassenen Wasserwelt lebt ein äußerst findiger Menschenschlag. Aurel Deda muss gar nicht aufs Meer hinausfahren, um etwas zu fangen: Mithilfe eines aufgebockten Mercedes-Oldtimers und einer an der Hinterachse montierten Seilwinde zieht er seine Netzkonstruktion aus dem Wasser und lässt sie wieder hineingleiten. Seine Frau Renata bereitet mitten in der Lagune den Fang des Tages zu, in ihrem Restaurant auf Stelzen. Dass der Fischfang hier immer öfter recht bescheiden ausfällt, liegt an Millionen von eingeschleppten Blaukrabben. Diese haben sich an Albaniens Nordküste zur regelrechten Plage entwickelt. Doch in der Lagune von Velipojë tüfteln Haki Ramaj und Haziz Pateriku schon an einer Vermarktungsstrategie. Das invasive Schalentier hat wenig Fleisch und lässt sich schlecht knacken. Vielleicht aber kann „Blaukrabbe gegrillt“ ja ein kulinarischer Verkaufsschlager werden, denn die Küstenorte von Velipojë bis Durrës sind im Sommer voll mit Urlauber*innen, die Appetit haben. Von den Touristen lebt auch ein ganzes Heer fliegender Händler. Direkt am Strand gibt es praktisch alles zu kaufen, vom Pfannkuchen bis zum Plastikboot. Der kleinste fahrbare Strandkiosk gehört Kol Ndoj. Seine Schubkarre ist voller grüner Maiskolben, obendrauf montiert knistert ein kleiner Holzkohlengrill. Mit seiner Eigenkonstruktion beglückt Kol die Urlaubsgäste, die auch aus Serbien, Nordmazedonien und dem Kosovo an Albaniens Adriaküste reisen. Der beliebteste Badeort ist Durrës. Auf der Promenade der Hafenstadt spaziert ein älterer Herr, schaut weise lächelnd auf das trubelige Strandleben und zieht an seiner Zigarette. Es ist Diana Rakipi, genannt Lali, eine der letzten sogenannten Burrneshas. Lali ist eine Mann-Jungfrau, die aus der Bergwelt Nordalbaniens stammt. Einer uralten Tradition folgend konnten sich in abgelegenen Bergregionen auf dem Balkan Jungfrauen mitte