Am nördlichsten Punkt des Vereinigten Königreichs, bei den Shetland-Inseln, treffen Nordsee, Nordatlantik und Norwegische See aufeinander. 22.000 Menschen leben auf den über 100 Inseln, fast jeder besitzt ein Boot und im Schnitt 15 Schafe. Kein Ort der Inselgruppe ist dabei weiter als drei Meilen von der Küste entfernt. Und auf fast keiner anderen Wasserstraße ist der Verkehr so dicht wie in der Nordsee vor Shetland. Das Wetter kann innerhalb weniger Stunden von absoluter Ruhe in Sturm umschlagen und die See zu einer tödlichen Falle machen. „Her Majesty’s Coast Guard“ setzt sich rund um die Uhr für die Sicherheit in britischen Hoheitsgewässern ein. Auf den Shetland-Inseln sind es 270 vorwiegend freiwillige Helfer, die eine Fläche der Größe Süddeutschlands überwachen. In der Einsatzzentrale von Lerwick, der größten Stadt von Shetland, leitet Katrina Hampson die Schicht. Der Notruf einer Segeljacht ist eingetroffen – eine Diabetikerin hat einen Zuckerschock erlitten. In wenigen Minuten sind Hylton Henry, der Kapitän des Rettungsbootes aus Aith, und seine sechsköpfige Mannschaft bereit und stechen in See. Zur gleichen Zeit führt Sonny Priest in Unst eine Rettungsübung durch. Der örtliche Stationsleiter ist nicht nur der beste Klippenkletterer der Inseln, sondern braut auch das nördlichste Bier des Vereinigten Königreichs. Seit Generationen lebt seine Familie im unwirtlichen Norden der Inseln. Ein paar Stunden später wird Hylton Henry, der seinen Einsatz erfolgreich beendet hatte, wieder von der Zentrale in Lerwick kontaktiert. Eine Kanufahrerin wird vermisst. Katrina Hampson will die Suche durch das Rettungsboot und den Helikopter parallel durchführen, denn jetzt zählt jede Minute. Der erste Teil der Dokumentationsreihe begleitet die Helfer der shetländischen Küstenwache bei ihren Einsätzen und in ihrem Privatleben. Eindringliche Bilder der naturbelassenen Küstenregion, der wilden See und der freilebenden Tierwelt wechseln sich
Wo einst die Wikinger hausten, erstrecken sich heute die Fjorde Norwegens – vom malerischen Kristiansand an der „Riviera des Nordens“ bis zum rund tausend Kilometer weiter nördlich gelegenen Nordkap. Mit einer Küstenlinie von 80.000 Kilometern hat das Meer Norwegen seit jeher geprägt. Und die Bewohner des Landes haben gelernt, mit und von der See zu leben. Fischerei, Schifffahrt, Öl- und Gasförderung – heute ist Norwegen eine der weltweit führenden Nationen bei der kommerziellen Nutzung des Meeres. Und das hat das Land zu einem der reichsten Länder der Erde gemacht. Doch nicht nur die Ausbeutung der Ressourcen kennzeichnet Norwegens Umgang mit dem Meer. In den letzten Jahren mehren sich Bestrebungen, die Rohstoffförderung umweltfreundlicher zu gestalten, und Fischfarmer wollen durch nachhaltige Nutzung der massiven Überfischung der Meere entgegentreten. Im Kielwasser der großen Konzerne, die den Löwenanteil der Erträge aus dem Meer abschöpfen, gibt es zahlreiche kleinere Dienstleister und Spezialbetriebe, darunter sind hoch spezialisierte Segelmacher, Taucher, die in den kalten Gewässern Ausschau nach Wracks halten, Gastronomen und Wohnungsvermieter, die im Küstentourismus ihr Auskommen finden.
Im Südwesten beginnt die Nordsee am Ende des Ärmelkanals, an der engsten Stelle zwischen den Küsten Frankreichs und Englands, die hier nur 34 Kilometer auseinander liegen. An diesem geografischen Schnittpunkt pendeln täglich die Fähren zwischen Dover und Calais und kreuzen dabei den Schifffahrtsverkehr. Jederzeit kann es zu einer Katastrophe kommen. Denn das Gebiet gilt als eines der gefährlichsten Nadelöhre des weltweiten Seeverkehrs. Täglich fahren hier 500 Schiffe durch, darunter Passagierschiffe, Öltanker, waffenstarrende Kreuzer der Marine diverser Staaten und mit gefährlichen Chemikalien beladene Containerschiffe. Dazu kommen unzählige Fischerboote und Freizeitsegler. Die größte Katastrophe für den zum Departement Pas-de-Calais gehörenden Küstenstreifen wäre ein Öltankerunglück. Die Sandstrände, Dünen und Kliffs der sogenannten Opalküste ziehen jedes Jahr eine Million Besucher an und werden von Rangern der staatlichen Umweltorganisation Eden 62 betreut. Weite Teile der unter Naturschutz stehenden Landschaft und die dort lebende Tierwelt wären bedroht. Auf der französischen Seite wird der Schiffsverkehr von der Seeüberwachungsstation CROSS kontrolliert. Sie liegt genau an jener Stelle, an der geografisch der Ärmelkanal endet und die Nordsee beginnt. 52 Angehörige der französischen Marine und Küstenwache arbeiten an den Radarschirmen in wechselnden Schichten. Schiffe, die entlang der französischen Küste fahren, müssen ihnen Auskunft über Ladung, Gefahrenklasse, Anzahl der Besatzungsmitglieder und Bestimmungshafen geben. Wenn die CROSS-Mitarbeiter eine mögliche Gefahr bemerken, können sie die Kapitäne der betroffenen Schiffe jedoch nur darüber informieren. Anweisungen erteilen dürfen sie nicht. Für den Direktor der Seeüberwachungsstation Pascal Savouret steht außer Frage, dass der nächste Unfall passiert – aber wann?
Mitten in der Nordsee, etwa 70 Kilometer vom Festland entfernt, liegt Helgoland. Die kleine Insel aus Rotem Buntsandstein ist nur rund einen Quadratkilometer groß und kann dennoch auf eine außergewöhnliche Geschichte zurückblicken. Heute sind hier etwa 1.500 Menschen zu Hause, nur noch wenige leben vom Fischfang, der einst die Haupteinnahmequelle der Helgoländer war. So versucht einer der letzten Hummerfischer auf Helgoland, seine Familientradition aufrecht zu erhalten. Der Helgoländer Hummer, einst das Markenzeichen der Insel, ist nach dem Zweiten Weltkrieg fast ausgestorben. Heute helfen die Fischer den Meeresbiologen des „Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung“, die seltenen Hummer zu züchten. Die Veränderungen in der Nordsee stellen die Wissenschaftler vor immer neue Herausforderungen und ermöglichen ihnen zugleich neue Forschungsprojekte. Auf der Insel gibt es aber noch anderes zu entdecken. So begleitet der Film den einzigen Hauptkommissar der Insel auf seinen Streifenzügen, besucht die Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg und entdeckt gemeinsam mit einem Hobbygeologen die seltenen Roten Feuersteine. Er taucht auch ein in die außergewöhnliche Tierwelt von Helgoland und begleitet zwei Ornithologen bei ihren Vogelbeobachtungen am „Lummenfelsen“ der Insel. Hier beobachten sie ein einzigartiges Naturereignis, für das Helgoland berühmt ist – den „Lummensprung“, bei dem die drei Wochen alten Küken der Trottellummen den Sprung vom Felsen in die tief unter ihnen liegende Nordsee wagen.
Für die Niederländer bedeutet Küste nichts auf ewig Feststehendes. Fast die Hälfte des Landes war einmal Teil der Nordsee und wurde ihr in harter Arbeit abgerungen. Dieses Polderland liegt tiefer als der Meeresspiegel und wird durch Deiche und Hunderte von Pumpwerken trocken gehalten. Würde man die Pumpwerke abschalten, müssten zwei Drittel der Niederländer ihre Dörfer und Städte verlassen. Kein Land in Europa ist so geprägt vom ständigen Kampf mit der Nordsee. Schon die Schulkinder werden darauf vorbereitet, dass die Nordsee nicht nur schön, sondern auch gefährlich ist. „Wir leben im sichersten Flussdelta der Welt“, sagt der Delfter Küstenforscher Marcel Stive, „aber wenn etwas schief geht, geht es richtig schief.“ Der Wissenschaftler arbeitet daran, dass die Deiche und Sturmflutwehre noch stabiler und sicherer werden. Dabei gelten die holländischen Deiche schon heute als die besten und sichersten der Welt. Doch für Küstenforscher Marcel Stive bleibt es eine zentrale Frage, ob die Niederländer auch in Zukunft noch in ihrer Heimat leben können. Ob es gelingt, dem Anstieg der Meeresspiegel Paroli zu bieten? Die meisten Niederländer hegen keinen Zweifel. Ihre Ingenieure haben bisher immer eine Lösung gefunden. Zum Beispiel Häuser, die zwar fest auf dem Boden stehen, bei Hochwasser aber schwimmen können. Die Bewohner dieser sich dem wechselnden Wasserstand anpassenden Häuser fühlen sich nicht nur sicher, sie genießen auch die Möglichkeit, unmittelbar am Wasser zu wohnen. Denn normalerweise dürfen Häuser in den Niederlanden nur hinterm Deich gebaut werden. Für die sogenannten Strandräuber auf den Wattinseln im Norden kommen solche Häuser nicht infrage. Dafür ist das Meer dort oben einfach zu rau. „Das muss auch so sein,“ meint Maarten Brugge, der jüngste Strandräuber von Texel, „die Stürme sorgen dafür, dass das Meer immer etwas anspült.“ Außerdem sei die stürmische See wichtig für das Lebensgefühl: „Ich mag