Die Rum-Destillerie der Familie Longueteau ist die älteste auf Guadeloupe, die noch in Betrieb ist. Und die Fabrik funktioniert noch heute wie vor 100 Jahren ohne Elektrizität, Benzin und Öl. Der Kolben, der die Presse antreibt, arbeitet mit Dampf. Leider versagt das alte Getriebe immer häufiger seinen Dienst. So auch ausgerechnet in dem Moment, in dem die Zuckerrohrernte in vollen Gange ist und das Räderwerk auf Hochtouren laufen müsste. Firmenchef François Longueteau arbeitet seit Tagen mit seinem Techniker daran, das Problem zu beheben. Für das Unternehmen steht viel auf dem Spiel. Jeder Tag, an dem die Maschine stillsteht, bedeutet Verlust, und die Rumvorräte in den Fässern gehen zur Neige. Es gibt kaum alternative Verdienstmöglichkeiten auf Guadeloupe, die Karibikinsel lebt heute fast vollständig von der Verarbeitung des Zuckerrohrs. Er ist ihr Reichtum, mehr noch als Bananen oder zu früheren Zeiten Kaffee oder Kakao. Das Rohr wurde von Kolumbus eingeführt, der die Insel 1493 entdeckte. Seitdem hat sich das Zuckerrohr – vor allem durch die französischen Kolonialherren und deren Wissen über die Brennereikunst – zum wichtigsten Wirtschaftsgut entwickelt. Heute würden Christoph Kolumbus und seine Männer am Fuße des Vulkans „La Souffrière“ leichter Rum als Wasser finden. Doch die Zeit der Ernte ist begrenzt, nur wenige Monate haben François Longueteau und seine Mitarbeiter Zeit, die Pflanzen einzubringen und zu verarbeiten. Schaffen sie es nicht, die alte Maschine wieder flott zu machen, wäre das ein herber Verlust für das Unternehmen und ein Rückschlag für Guadeloupes diesjährige Rum-Ausfuhr.