Die Pazifikinsel Chiloé gehört zu den abgeschiedensten Orten Lateinamerikas. Doch das könnte sich bald ändern: Eine Brücke soll die Insel mit dem Kontinent verbinden. Viele Insulaner fürchten um den rustikalen Charakter von Chiloé. Wer hier lebt, sollte keine Angst vor Einsamkeit oder bösen Geistern haben, die angeblich auf der Insel ihr Unwesen treiben. Pioniergeist, Improvisation und vor allem Respekt vor der Macht des Pazifiks helfen dagegen sehr. Luis Gonzalez ist Machero, Muscheltaucher an der Bucht von Cucao. Meistens ist der Strand dort menschenleer. Für wenige Stunden am Tag füllt sich das Ufer mit kurios anmutenden Männern. Verpackt in grobe Schutzanzüge steigen sie in die Wellen und beginnen mit dem „Muscheltanz“: mit den Füßen wird der Sandboden aufgelockert und nach Muscheln abgetastet. Ohne Pressluft tauchen die Männer dann in der gefährlichen Brandung nach ihrer Beute. Auch Sergio Jara kämpft mit dem Pazifik. Er lebt in einem Pfahlbau. Diese bunten Palafitos sind zwar schön, aber die Holzkonstruktion hält nur ein paar Jahre Wind und Wasser stand, dann muss ausgebessert werden. Zum Glück kann Sergio das selbst erledigen. Er ist einer der besten Tischler der Insel. Das Cole-Cole-Areal im Chiloé Nationalpark ist ein fast menschenleeres Gebiet an der Westküste. Nur wenige Insulaner dürfen dort siedeln, weil es das Land ihrer Vorfahren ist. Dort leben die Brüder Elias und Jeremias. Allein ihr Schulweg ist ein Abenteuer: Mindestens eine Stunde brauchen sie mit dem Pferd über die Hügel zum Sandstrand. Von dort geht es mit dem Geländewagen der Schule noch einmal 15 Kilometer bis zum Klassenraum. Nicht weit entfernt wohnt Don Orlando. Er könnte ein reicher Mann sein, wenn er sein Land in bester Lage verkaufen würde. Das kommt für ihn aber nicht infrage. Auf seinem Grundstück liegt nämlich die „Rampe ins Jenseits“: Hier verlassen die Seelen der Verstorbenen die Erde. Daran glauben nicht nur die Huilliche-Indianer der Insel