In Russland ist die Erinnerung an vergangene Zeiten allgegenwärtig – ein vom Kreml gewolltes Vehikel für Patriotismus. Am 9. Mai, dem Gedenktag des Sieges über Nazi-Deutschland, zieht Wladimir Putin eine direkte Verbindung zum Angriffskrieg gegen die Ukraine. Eine Oma, die im Donbass mit einer SU-Flagge wedelt, wird zum Symbol der Kriegstreiber und prangt in Sowjet-Manier überlebensgroß auf Häuserwänden. Das Regime weiß um die Macht der Bilder. Die Renaissance des Sowjetischen findet auch in der Gesellschaft statt – KGB-Methoden kehren zurück. Wer offen gegen den Krieg ist, kann verleumdet oder verhaftet werden. Auch das Private ist wieder politisch: Polizisten durchsuchen Smartphones nach kritischen Statements in sozialen Medien. Eltern denunzieren ihre Kinder, der Theaterregisseur Vsevolod Lisovsky führt Stücke inoffiziell auf der Straße auf. Er sagt: „Ein Klima der Angst macht sich breit, das viele an die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert“. Manizha, 2021 noch gefeierte Ve