Ganz anders sind die Germanen“, schrieb Caesar. Aber außer Klischees wissen die Römer nichts über sie. Das sollte sich rächen: „Sie fanden an Bäumen genagelte Totenschädel und Altäre. Auf ihnen hatten die Cherusker die vornehmsten Gefangenen ihren Göttern geopfert.“ Auf dem Höhepunkt der römischen Macht, im Jahre 9 n. Chr., hatte der Cheruskerfürst Arminius Roms Truppen besiegt. Drei Tage dauerte das Hauen und Stechen, dann waren 20 000 Legionäre tot. Kaiser Tiberius soll gerufen haben „Varus, Varus, wo sind meine Legionen?“ Generationen von Archäologen haben das Schlachtfeld vergeblich gesucht. Heute graben sie an der richtigen Stelle, haben sie die Beweisstücke in der Hand: Eine versilberte Gesichtsmaske, Dolche, Bleigeschosse, Münzen. Nicht im „Teutoburger Wald“, sondern in Kalkriese bei Osnabrück wurden die römischen Legionen vernichtet: „Die römische Weltherrschaft, die an der Küste des Ozeans nicht Halt gemacht hatte, fand jetzt am Ufer des Rheins und der Donau ihre Grenze“, schrieb ein römischer Chronist. Aber zwischen Rhein und Donau klaffte eine Lücke. Der Limes, heute Weltkulturerbe, sollte sie schließen. War er eine unüberwindbare „Chinesische Mauer“, ein „Bollwerk gegen die Barbaren“? Mehr als eine Polizeigrenze, mit der die Römer den kleinen Grenzverkehr kontrollierten, war der Limes nie. So sehen es heute die Historiker. Denn längst war das Imperium auf die Zuwanderung der Germanen angewiesen: Sie stellten Soldaten, Truppen, Generäle, sie wurden Hauptstützen des römischen Heeres. Von dem, was sich jenseits der „nassen Grenzen“ abspielte, ahnte in Rom jedoch niemand etwas. Der Schädel, den Ágnes Kustár vor sich hat, ist von einer Ur-Gotin. In wochenlanger Arbeit rekonstruiert sie ihr Gesicht. Mit ihr gehen wir zurück in die Vergangenheit. „Mit drei Booten kamen sie vom Ende der Welt über das Meer. Sobald sie ihre Schiffe verließen und an Land gingen, gaben sie demselben sogleich ihren Nam