Abreißen, Planieren, Neubebauen – das ist das übliche Schicksal von Industrielandschaften, wenn die Produktion nicht mehr lohnt. Stätten der Arbeit galten lange als unästhetisch und reizlos, und deshalb sind nur wenige historische Industrielandschaften heute noch intakt. Zeche Zollverein in Essen ist die am vollständigsten erhaltene Zechenanlage in Europa. Sie wurde 1986 stillgelegt, aber schon lange vorher war geplant, die Zeche für künftige Generationen zu nutzen. Umwidmung und aufwändige Restauration sind die Stichwörter für einen neuen Umgang mit dem alten Industrie-Relikt. Im Kesselhaus der Zeche, wo einst der Dampfdruck für die Bewetterungsanlagen des Untertageabbaus erzeugt wurde, ist heute das Designmuseum Nordrhein-Westfalen. Im Turbinenhaus genießt man jetzt im Gourmetrestaurant „Casino Zollverein“ exklusive Speisen zwischen Stahlträgern und alten Kesseln. Im Salzlager der Kokerei fand Kabakovs „Haus der Träume“ Platz. In der großen Lesebandhalle wurden früher an vielen Bändern Gesteinsbrocken aus der Kohle gelesen – nun finden in ihr Konzerte statt. Den Industriearchitekten Martin Schupp und Fritz Kremmer ist es gelungen, einen Gesamtentwurf zu konzipieren, in dem nicht wie bei den meisten Fabrikationsstätten einzelne Bauelemente aneinandergestückelt oder je nach Bedarf verändert wurden, sondern Funktion und Ästhetik eine Einheit bilden. Mit der Aufnahme von Zeche Zollverein in die Welterbeliste der UNESCO 2001 bleibt ein einzigartiges Zeugnis der Industriearchitektur erhalten: der Weg der Kohle wird auch in Zukunft nacherlebbar sein. (Text: SWR)