Die Esten sagen: „Wer böse war, der muss nach Ruhnu!“. Die zwölf Quadratkilometer kleine Insel Ruhnu liegt mitten in der Ostsee. Klingt ein wenig nach Verbannung. Als Julia das erfährt, sitzt sie allerdings schon im Propellerflugzeug und schwebt über der Bucht von Riga. Jetzt gibt es kein Zurück. Die Ostseeinsel hat eine überschaubare Anzahl an Einwohnern. Innerhalb weniger Stunden lernt Julia das halbe Dorf kennen, Dreh- und Angelpunkt ist der Laden. Da ist der Busfahrer, der gleichzeitig der Feuerwehrchef der Insel ist, die Vermieterin der Ferienbungalows, die auch im Laden an der Theke steht und die Lehrerin, die zusammen mit ihren drei Kollegen ganze acht Schüler zu betreuen hat – alles in klein eben. Vom Westen Estlands geht es weiter bis an die östlichste Grenze: zum Peipussee. Dort haben sich vor dreihundert Jahren russische Altgläubige angesiedelt, weil sie für ihren Widerstand gegen die Kirchenreformen im Zarenreich verfolgt wurden. Julia bereist die kleinen Dörfer am See und