Tokio, 1936. Am 18. Mai elektrisiert ein ungewöhnliches Verbrechen die japanische Öffentlichkeit: Die ehemalige Geisha Abe Sada erdrosselt ihren Liebhaber durch erotische Strangulation, trennt ihm anschließend die Genitalien ab und ritzt ihren Namen in seine Haut. Bei ihrer Verhaftung empfängt die junge Frau die Polizei lächelnd und ohne Reue und erklärt, sie habe aus Liebe getötet. Der Fall, der so manchen Moralkodex ins Wanken bringt, wurde schnell zur Ikone der verrufenen Seite Japans stilisiert und von der Presse gierig aufgegriffen. Denn der erotisch motivierte Mord ereignet sich zu einer Zeit extremer gesellschaftlicher Spannungen: Die instabile Regierung unter Kaiser Hirohito muss mit einem wachsenden Nationalismus kämpfen, seit Beginn der Dreißigerjahre erlebt das Land eine schwere Wirtschaftskrise und innerhalb des autoritären Militärs wird eine Expansionspolitik gefordert. Dieser wachsende Militarismus ging zudem mit einer puritanischen Repression einher, wobei Erotik, sexuelle Abweichung und Morbidität aufs Engste miteinander verknüpft wurden. Sadas Tat und deren öffentlicher Prozess wurden so zu einem bis heute vielfach zitierten und medial verarbeiteten Klassiker der japanischen Kultur. Und auch in den Augen des Westens steht der Fall Abe Sada für die Fantasievorstellung einer zügellosen japanischen Erotik quasi als Kontrastfolie zur restriktiven Sexualmoral der europäischen Zwischenkriegszeit.
Le 18 mai 1936, Abe Sada, ancienne geisha, tue son amant par «asphyxie érotique», puis lui tranche le sexe et inscrit son nom dans sa chair.
Dans un Japon ultracontrôlé et militarisé, la presse se passionne pour ce fait divers aux accents transgressifs, alors que la meurtrière se défend, présentant son crime comme un acte d'«amour fou».
Relayé jusqu'en Occident, ce meurtre véhicule l'image d'un Japon fantasmé, où l'on laisse libre cours à toutes les pulsions.