Gerade einmal 17 Jahre alt war Marco Polo, als er 1271 von seiner Heimatstadt Venedig aus zu einer Reise aufbrach, die ihn zur Legende machen sollte. Auch der Brite Bradley Mayhew, Autor von Reiseführern, nimmt die Marco-Polo-Fährte in Venedig – zur Zeit des Karnevals- auf; er wird ihr bis nach Peking in China folgen. In der alten Kreuzfahrerstadt Akko, heute im Norden Israels, betrat Marco Polo erstmals asiatischen Boden. Bradley betritt das Terrain des Nahostkonflikts. Er sieht, wie sich Völker und Religionen unentwirrbar verbissen haben, im Kampf ums Heilige Land, damals wie heute. Marco Polo reiste mit seinem Vater und seinem Onkel. Ihre nächste Station war Jerusalem, wo sie Öl aus der Grabeskirche für den Kaiser von China einkauften. Der Nahostkonflikt verhindert, dass Bradley wie einst der Venezianer per Schiff vom Heiligen Land an die türkische Mittelmeerküste reisen kann. Er muss einen Umweg nehmen über Syrien. Der Hafen des zur Zeit Marco Polos noch Layas genannten Ortes, dem heiligen Yumurtalik im Süden der Türkei, war im 13. Jahrhundert die europäische Endstation der Seidenstraße. Von der Küste folgt Bradley der Spur Marco Polos in den Nordosten der Türkei, an den Oberlauf des Euphrat. Seine erste Reiseetappe endet im Arzinga Marco Polos, in der heutigen Stadt Erzincan, wo man immer noch Cirit wie damals spielt, ein Kriegerspiel zu Pferde, das zurückgeht auf die Zeit des Venezianers.
Bradley ist in den verschneiten Bergen Anatoliens unterwegs, mitten im Winter, wie einst Marco Polo vor 750 Jahren. Damals gehörte die Ost-Türkei zu Großarmenien. Die Ruinen von Ani, der alten armenischen Hauptstadt, liegen geheimnisvoll und einsam in archaischer Landschaft. Einst war diese Reste eine legendäre Stadt an der Seidenstraße. Bradley sucht den schwarzen Edelstein der Region, den Oltu Tasi, den Dörfler gefahrvoll aus selbstgehauenen Mienen schürfen. Juwelen waren klein und somit leicht zu transportieren, zugleich wertvoll. Marco Polo schreibt begeistert darüber. Weiter folgt Bradley Mayhew der Spur Marco Polos Richtung Persien. Er passiert den Berg Ararat, auf dessen Gipfel Marco Polo die Arche Noah vermutete. Hinter dem Ararat beginnt der Iran. Es war schon nicht einfach, ein Visum für den Gottesstaat zu bekommen, und Bradley ist froh, als er die größte Stadt im Westen des Irans erreicht. Der Basar von Täbris zählt zu den ältesten und größten der Welt und bis heute werden dort vor allem Teppiche gehandelt. Bradley reist weiter in das Elburs-Gebirge, auf der Suche nach den „Assassinen“, der Al Kaida des 13. Jahrhunderts. Marco Polo widmet ihnen etliche Kapitel seines Buches, präsentiert eine Story mit Sex, Drogen und Gewaltverbrechen. Bradley sucht die Spuren der ersten Selbstmordattentäter der Geschichte. Seine zweite Reiseetappe endet in Teheran, wo er in zwei Gesichter des Gottesstaates blickt. Morgens sieht er religiöse Inbrunst in einem schiitischen Heiligenschrein. Abends erlebt er mit Ballgard eine Rockband, die im Untergrund spielt. (Text: arte)
Reiseführer-Autor Bradley Mayhew ist auf der Route Marco Polos in den Wüsten des Iran angelangt, wo es sich bestens per Anhalter reist. Im berühmten Reisebericht des venezianischen Kaufmanns hat Bradley über Feueranbeter gelesen. Doch in der alten Lehmstadt Yazd, einst Zentrum des Zoroastrismus, findet er nur noch sehr wenige Gläubige dieser ältesten monotheistischen Religion der Welt. Im Islamischen Gottesstaat leben sie an den Rand gedrängt. An den „Türmen des Schweigens“, ihrem Friedhof, fährt die Jugend von Yazd nun Moto-Cross. Weiter folgt Bradley der Spur Marco Polos an den Persischen Golf, von wo aus der Venezianer per Schiff weiterreisen wollte. In alten Häfen sucht Bradley nach arabischen Küstenseglern. Er will herausfinden, warum der Venezianer seinen Plan änderte und sich für die lange, gefährliche Überland-Route durch die Wüsten und Hochgebirge Asiens entschied. Auch Bradley reist über Land weiter. Er durchquert die Dasht-e Lut, die größte der iranischen Wüsten, und erreicht Afghanistan. In Herat trifft er eine junge Frau, die sich für die Straßenkinder der Stadt einsetzt und nichts mehr fürchtet als die Rückkehr der Taliban. Nahe der Stadt Masar-e Sharif liegt das antike Balkh, das zur Zeit Marco Polos als die „Mutter aller Städte“ galt. Heute braucht Bradley Polizeischutz, um zu den berühmten Ruinen zu gelangen, denn auch hier sind die Taliban wieder auf dem Vormarsch. Die ISAF fliegt ihn ins Feldlager Faizabad, aber Bradley verzichtet auf den Schutz der Bundeswehr, kleidet sich afghanisch und reist zu den ältesten Minen der Welt. Tief im Hindukusch, wird seit 7.000 Jahren Lapislazuli, ein blauglänzendes Mineralgemisch abgebaut. Marco Polo war damals der Erste, der darüber schrieb. (Text: arte)
Wie 750 Jahre vor ihm der venezianische Kaufmann durchquert der Reisebuch-Autor Bradley Mayhew das Pamir-Gebirge, heute Teil der ehemaligen Sowjetrepublik Tadschikistan. Im Wakhan-Korridor findet er alte Wegmarken der südlichen Seidenstraße, die schon Marco Polo passierte. Die Gegend ist menschenleer, wild. Bradley hat einen alten Russenjeep aufgetrieben für die Fahrt auf eine Hochebene, das Pamir-Plateau. In seinem berühmten Reisebericht beschrieb Marco Polo die Landschaft sehr genau: kalt, windig, ohne Vegetation. In den Jurten kirgisischer Nomaden findet Bradley ein Nachtlager. Mit China erreicht Bradley das letzte und größte Land seiner Reise. Entlang der Wüste Taklamakan folgt Bradley der Spur des Kaufmanns bis in die Oase Khotan, ein altes Zentrum des Seiden- und Jadehandels. Die Zeiten, als man Jade bei Mondschein mit bloßen Füßen im Bett des Drachenflusses ertastete, sind indes vorbei. Bradley sieht, dass Jadesuchen heute auf Chinesisch anders geht – nämlich mit dem Bagger. Nach langer Wüstenfahrt erreicht der Brite schließlich die Grenze zum chinesischen Herzland, die Große Mauer. Shazhou, Gebiet des Sandes, nannte Marco Polo die Oase Dunhuang, einen alten Karawanenstopp, wo einst die großen transkontinentalen Handelsrouten Asiens aufeinandertrafen. Ein guter Ort für Bradley, um zu lernen, wie man eine Karawane führt.
750 Jahre nach Marco Polo erreicht Bradley die Festung Jiayuguan, eine monumentale Landmarke an der Seidenstraße. Hier beginnt das Herzland Chinas und Bradleys letzte Etappe. Er passiert die Oase Zhangye, wo der venezianische Händler über den Buddhismus schrieb. In der Millionenstadt Lanzhou zeigt sich China auf dem Sprung zur Supermacht – übertragen ähnlich wie im 13. Jahrhundert, als Marco Polo reiste. Bradley reist weiter in die Innere Mongolei, nach Xanadu. Im legendären Sommerpalast traf der junge Marco Polo erstmals auf den Mongolenkaiser Kublai Khan. Manche Historiker zweifeln allerdings, ob Marco Polo wirklich je bis China kam. In seinem Buch „Die Wunder der Welt“ findet sich nichts über die Große Mauer, nichts über Tee oder die Kalligraphie. Die chinesischen Annalen erwähnen Marco Polo nicht, obwohl er, wie er schreibt, im Dienst des Großkhans kreuz und quer durch das Reich reiste. Andererseits beschreibt er viele Orte akkurat. Kanbaliq etwa, das heutige Peking, damals wie heute das Herz des Riesenreiches, das Bradley nach einer Reise von 8.000 Kilometern erreicht. Es folgt noch eine Fahrt auf dem Kaiserkanal bis nach Hangzhou. Zu Marco Polos Zeiten war dies die größte Stadt der Welt. Sie hat den Venezianer völlig fasziniert. Nach vielen Monaten auf der Marco-Polo-Fährte freut sich Bradley wiederum auf zu Hause, auf seine Frau, und darauf, bald „ein wirklich frisches Hemd zu tragen“. Er ist nun sicher, dass der Venezianer trotz mancher Übertreibung und Ungereimtheiten seine legendäre Reise damals tatsächlich unternommen hat. (Text: arte)