Kein Geschichtsdatum im 20. Jahrhundert markiert den Einbruch der Barbarei in die deutsche Gesellschaft stärker als die Novemberpogrome vor 75 Jahren. Auf offener Straße zeigte der staatlich geschürte Menschenhass 1938 sein wahres Gesicht: An die 400 Menschen wurden erschossen oder erschlagen, nur weil sie als Juden gebrandmarkt waren. Ahnungslose jüdische Mitbürger, auch Frauen, Kinder, alte Menschen, wurden gequält und gedemütigt, 30.000 Männer in Konzentrationslager verfrachtet – oft ohne Wiederkehr. 1400 jüdische Gotteshäuser wurden verwüstet und in Brand gesetzt, 7500 Geschäfte demoliert und geplündert. Wie war ein derartiger Exzess der Gewalt gegen Nachbarn, frühere Arbeitskollegen möglich? Was trieb die Täter an? Wie erlebten die Opfer den amtlich angeheizten Terror? Bis heute sind viele Fragen offengeblieben, die Wunden nicht verheilt. In dieser Dokumentation geht es nicht um eine distanzierte oder gar belehrende Chronologie jener Ereignisse, die sich als Zeitenwende erwiesen. Im Mittelpunkt steht die Erlebnisperspektive von bekannten Persönlichkeiten wie dem Wiener Georg Stefan Troller auf der Opferseite, aber auch aus der Warte von Zeugen und Beteiligten wie dem Schauspieler Günther, Lamprecht, der als Kind im November 1938 dabei war, als ein jüdisches Geschäft geplündert wurde. (Text: ORF)