Eine Wachsbüste, gefertigt im 18. Jahrhundert, gab Forschern lange Zeit Rätsel auf. Es zeigt eine Frau, gekleidet wie eine Königin, beim Sezieren eines Gehirns. Wer war sie? Und wieso nahm sie sich heraus, den Sitz des Intellekts, der damals als rein männlich erachtet wurde, sprichwörtlich in ihren weiblichen Griff zu nehmen? Ein für lange Zeit verschollenes Schriftstück offenbart nun die Geschichte der Portraitierten. Ihr Name war Anna Morandi. Im Bologna zur Zeit der Aufklärung erschuf sie aus Wachs eine systematische Sammlung anatomischer Modelle. Damit konnten Medizinstudierende erstmals das Körperinnere erforschen, ohne selbst ein Skalpell in die Hand nehmen zu müssen. Morandis Werk wurde bis an den Hof von Katharina der Großen verkauft und inspirierte Kaiser Joseph II. zur berühmten Anatomiesammlung im Josephinum in Wien. (Text: ORF)