Verunreinigungen, Verwüstungen, Seuchen und Tod - jede Plage erreicht ein beispielloses Ausmaß und trifft die Menschen am Nil härter als die vorherige. In fünf Kapiteln zeichnet das 2. Buch Moses ein dichtes Horrorszenario, das die Grundfesten des Pharaonenreichs bis ins Mark erschüttert. Am Ende der spektakulären Schau steht der Exodus der Israeliten. Der Pharao entlässt das Volk, das er Jahrzehnte lang unterdrückte, aus der Knechtschaft. Unter der Führerschaft von Moses macht sich ein riesiger Treck auf den Weg durch die Wüste. Dem Ruf in die Ferne folgen über 600.000 Menschen, wie die Bibel verkündet. Sie alle hoffen auf eine Heimat in Kanaan, dem Gelobten Land, in dem "Milch und Honig fließt". Mythisches Duell Seit langem versuchen Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen herauszufinden, ob die Plagen auf wahren Begebenheiten beruhen oder pure Legende sind. Ägyptologen deuten das Jahrtausendereignis als mythisches Duell zwischen Jahwe und den zahlreichen Göttern im Nilland. Ihrer Ansicht nach ist die Erzählung ein Propagandatext, der den Kampf zwischen zwei religiösen Konzepten beschreibt: den Glauben der Israeliten an einen einzigen Gott gegen die Vorstellung der Ägypter von einem Pantheon aus Tausenden jenseitiger Wesen. Naturwissenschaftler halten sich aus derartigen Diskussionen heraus. Sie nutzen die Heilige Schrift als historische Quelle und suchen vornehmlich nach harten Fakten. Die Fraktion konnte beweisen, dass der Bericht über die Plagen auf tatsächliche Ereignisse zurückzuführen ist. Vor über 3000 Jahren wurde das sensible Ökosystem des Nil immer wieder durch extreme Hochwasser und Dürreperioden aus dem Gleichgewicht geworfen. Die Folgen für die Bevölkerung waren verheerend, denn die gesamte Landwirtschaft des Reiches hing am Tropf des mächtigen Stroms. Ökologische Störungen? Noch Jahrhunderte nach den Schicksalsschlägen der Natur kursierten die Geschichten über jene dunklen Zeiten im Alten Vorderen Orien
Der zweite Teil der Dokureihe beschäftigt sich mit den Plagen Sieben bis Neun. Zunächst vernichtet ein schwerer Hagelsturm die Felder, dann zieht eine Heuschrecken-Plage über Ägypten. Schließlich verdunkelt sich der Himmel drei Tage lang. Im Mittelpunkt der Ursachenforschung steht der Vulkan von Santorin, dessen Ausbruch nach neuesten Erkenntnissen etwa 100 Jahre früher war als bisher angenommen. Schon lange versuchen Naturwissenschaftler zu beweisen: Neun der Zehn Plagen, die das Alte Testament schildert, verweisen auf eine gravierende Klimakatastrophe, die eine ökologische Kettenreaktion auslöste. Abseits theologischer Betrachtungen untersuchen Gelehrte auf der ganzen Welt immer wieder die einzelnen Phänomene und bemühen sich, die Ursache des biblischen Desasters aufzudecken. Dabei steht für sie fest: Das Wüten der Natur muss furchterregende Ausmaße angenommen haben. Auftakt für den Exodus Uralte Papyri zeugen vom Schreckensszenario, das die Ökonomie Ägyptens bis in die Grundfesten erschütterte und sich tief ins Gedächtnis der Menschen brannte. Auch die Verfasser des Alten Testaments kannten die Plagenstory aus dem Nachbarland. Immerhin bestanden zwischen Kanaan und dem Pharaonenreich über viele Jahrhunderte enge Kontakte. Als "Zorn Gottes" hielten die Ereignisse Einzug in das 2. Buch Moses. Sie bildeten den Auftakt für den Exodus, den Aufbruch des Volkes Israel in die neue Heimat. Die meisten Paläoklimatologen gehen inzwischen davon aus, dass massive Feucht- und Trockenphasen dem Alten Ägypten zu schaffen machten. Mehrere Male in der langen Geschichte der Hochkultur führten plötzliche Wettereinbrüche zu extremen Dürren und Hochwasser mit verheerenden Auswirkungen für Land und Leute. Das Spektakel verwandelte den Nil in einen Seuchenherd, der zunächst Fische und Frösche verenden ließ. Die feuchtschwüle Witterung lockte Schwärme von Ungeziefer an, die Krankheiten auf Mensch und Tier übertrugen. Gähnende Ödnis Atmosph
Obwohl bereits neun verheerende Plagen das Nilland verwüstet haben, zeigt sich der Pharao weiterhin verstockt und will Moses mit seinen Leuten nicht freigeben. Da holt Gott Jahwe zum finalen Schlag aus: Um Mitternacht schickt er den Tod über Ägypten. Alle Erstgeborenen - ob Mensch oder Tier - müssen sterben. Erst jetzt dürfen die Israeliten das Land verlassen. Die Geburtsstunde Israels Damit die Israeliten verschont werden, sollen sie mit dem Blut eines geschlachteten Lammes die Türpfosten ihrer Häuser bestreichen, das Fleisch bis auf den letzten Rest mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern verzehren und sich fertig angekleidet zum Aufbruch bereit halten. Und tatsächlich lässt der Herrscher nach der unvorstellbaren Tragödie, die sein Volk getroffen hat, die Fremdarbeiter endlich ziehen. Mit der drastischen Schilderung der zehnten und schlimmsten Strafe endet die Kette der Plagen im 2. Buch Moses.Der Tod der Erstgeborenen passt nicht in den Rahmen der vorangegangenen Naturkatastrophen. Fast alle naturwissenschaftlichen Erklärungsversuche wie die Verseuchung des Getreides durch Schimmelpilze bleiben unbefriedigend, weil keine These überzeugend belegt, warum nur die Ältesten der Heimsuchung Gottes zum Opfer fallen. Vielmehr sehen Forscher in der Episode ein religiöses Symbol: Die Erstgeburt alles Bösen soll mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden - eine Floskel, die auch im Nilland seit alters her bekannt war. Die genauen Anweisungen zum nächtlichen Passah-Mahl führen Experten auf uralte Traditionen von Bauern und Nomanden zurück. Denn aus diesen beiden Gruppen wächst Israel schließlich zusammen. Noch heute feiern die Juden das Passah-Fest in Erinnerung an den Auszug aus Ägypten und die Befreiung aus der Knechtschaft als Geburtsstunde ihres Volkes. Allein 600.000 Männer, ohne Frauen und Kinder, führte Moses laut Bibel durch die Wüste. Eine utopische Zahl, wie die moderne Wissenschaft festgestellt hat. Die überhöhte Angabe beruht a