Kihnu ist eine von 19 bewohnten estnischen Inseln. Wenn die Frauen dort in bunten Röcken Motorrad fahren, ist Sommer. Dank der Abgeschiedenheit sind hier charmante Traditionen bewahrt worden. Mehr als 2.000 Inseln gehören zu Estland, keine ist wie die andere, jede hat ihren eigenen Charakter. Die meisten waren in der Zeit der Sowjetunion militärisches Sperrgebiet. Ausgerechnet die strenge Abschirmung hatte auch ihr Gutes: Strand, Wald, Wachholderhaine, sie prägen bis heute die Landschaft von Estlands verwunschenen Inseln. Elly Karjam ist „Multijobberin“: Leuchtturmwärterin, Eiscremeproduzentin und Auftragsstrickerin für die berühmten Kihnu-Pullover. Der Sommer ist Hochsaison für sie: Sie erwartet Gäste aus den USA, die ihre Vorfahren auf Kihnu hatten. Es müssen Birken geschlagen werden für den sogenannten viht. Dieser Bund aus Birkenzweigen ist ein wichtiges Zubehör für den traditionellen Saunagang zu Mittsommer. Und die Motorräder im Schuppen sollen wieder flott gemacht werden. Die zweitgrößte Insel Estlands ist Hiiumaa. Sie war zu Zeiten der Sowjetunion komplett militärische Sperrzone. Besuch war nicht gestattet, Boote wurden über Nacht weggesperrt, Strände bewacht. Zu groß war die Furcht, dass Menschen nach Finnland oder Schweden flüchten könnten. Dieser Dornröschenschlaf hat die Natur bewahrt, bis heute ist Hiiumaa die waldreichste Region Estlands. Die Bäume haben bei Jaan Alliksoo Kreativität freigesetzt: Aus Strandgut und Holz konstruiert er bizarre Bauten. Inzwischen ist so ein ganzes fantastisches Dorf entstanden, im Zentrum ein spektakulärer Nachbau des Pariser Eiffelturms. Gerade tunt er sein „Jaanmobil“: ein Rennwagen komplett aus Wacholder, der Zypresse des Nordens. Für Indrek Kääramees bedeutet Hiiumaa die Welt. Er besingt sie in seinen Seemannsliedern. Nun steht auch eine „Welttournee“ an: Zum zehnjährigen Bandjubiläum fährt der Fischer aus Orjaku bis ans andere Ende seiner Welt, nach Kalana, unglaubliche 50