Nicht jeder Winter in Estland ist bitterkalt. Aber selbst wenn die Ostsee komplett zufriert, verfällt dort niemand von den Bewohnern in den Winterschlaf. Dann eröffnen die Esten die längste Eisstraße Europas: 26 Kilometer lang, vom Festland bis zur Insel Hiiumaa. Raido Randmaa wird extra vom Straßenbauamt zum Eisstraßenmeister abgestellt. Er sorgt dafür, dass sich die Verkehrsteilnehmer an die Regeln halten. „Anschnallen verboten“, ist das oberste Gebot, denn falls man ins Eis einbrechen sollte, muss man so schnell wie möglich aus dem Auto heraus. Genauso wichtig ist der Abstand zum Vordermann: Er muss mindestens 250 Meter betragen, damit das Eis nicht zu sehr belastet wird. Und Risse im Eis werden sofort überbrückt. Die Eisstraße ist eine Attraktion. Sie lockt Menschen aus dem ganzen Land an, auch die Fischer der Insel. Wenn ihre Boote festgefroren sind, legen sie neben der Trasse ihre Netze unter dem Eis aus. Die durch den Verkehr verursachte Vibration soll die Fische in die Falle treiben. Einer der Fischer ist Rein Tikka. Obwohl er jetzt viel weniger fängt als im Frühling oder Herbst, freut er sich schon das ganze Jahr auf die eisige Jahreszeit. Denn Reins Winterleidenschaft ist das Rallyefahren auf dem Eis. Gerade hat er sich einen 78er-Lada zugelegt. Der Komplettumbau ist in vollem Gange: verstärkter Aufprallschutz, Überrollbügel und frisierter Motor. Der Favorit im Rennen! Seine Kollegen Leho, Indrek und Janno kommen auf ihre Weise durch den Winter. Die drei haben eine Band gegründet. Hiukala nennen sie sich, die „Hiiumaa-Fisch-Band“. Indrek spielt Gitarre und ist der Frontmann. Früher hat er im Suff mit seinem Gesang alle genervt. Heute singt er auch manchmal nüchtern. Die Lieder handeln von der Arbeit, vom Inselleben und der Liebe. Die Proben in der ehemaligen Traktorenwerkstatt werden oft zu ausgelassenen Partys. Ein strenger Winter ist gut für Peedu Tull und seinen Kollegen Peedu Kaptei. Die Schilfexperten von Hiiumaa machen dan