Die knapp 113 Kilometer lange Reise der Wupper beginnt ganz entspannt in einem Naturschutzgebiet, in dem ungezählte namenlose Rinnsale zusammenfließen. Das Murmeln der „Wipper“, die erst ab Wipperfürth zur „Wupper“ wird, war lange Zeit die sanfte Hymne dieser Gegend, bis im 16. Jahrhundert die Grafen von Berg die neue Zeit ins Flusstal ließen und die Mühlräder zu Klappern und die Hammerwerke zu Pochen begannen. Es kamen die Flechter, die Spinner, die Färber, die Weber. Und schließlich die ersten Industriellen. Von nun an roch es am nicht mehr ganz so grünen Strand der Wupper nach Schweiß. In Fabrikantenkreisen wurden die Nasen gerümpft: „Der schmale Fluss ergießt bald rasch, bald stockend seine purpurnen Wogen zwischen rauchigen Fabrikgebäuden und garnbedeckten Bleichen hindurch; aber seine hochrote Farbe … rührt nicht vom Scham über das Treiben der Menschen, obwohl dazu wahrlich Grund genug vorhanden ist, sondern einzig und allein von den vielen Türkischrot-Färbereien“, klagt 1839 in einem Brief der Fabrikantensohn Friedrich Engels aus Barmen. Erstaunlich, wie viele Namen aus dem Tal der Wupper weltweit bekannt geworden sind. Mit Wupperwasser wurden Wilhelm Conrad Röntgen, die Industriellen Friedrich Bayer und Reinhard Mannesmann und die Dramatikerin Else Lasker-Schüler getauft. Aber auch Hitlers schrecklicher Handlanger Adolf Eichmann. Von der Wupper kamen auch drei Deutsche, die ihrem Land nach dem Ende des Naziterrors wieder zu Achtung verholfen haben: die Bundespräsidenten Gustav Heinemann, Walter Scheel und Johannes Rau. Heute leben an der Wupper fast eine Million Menschen. Viele noch immer von dem, was die Gegend seit jeher berühmt gemacht hat. Die Solinger Klingenschmiede zum Beispiel sorgt weiterhin mit dafür, dass in vielen Teilen der Welt mit Messer und Gabel gegessen wird und die Fingernägel keine Trauerränder haben. Und in Wuppertal verrenken sich die Durchreisenden auch nach über hundert Jahren noch die Köpfe, we